Am Samstag, den 28.06.2014 tagte der Unterbezirk der SPD Kassel-Stadt außerordentlich iAußerordentlicher Unterbezirksparteitagn Eppos Clubhaus. Dieser Parteitag war wegen der zu fassenden Reformbeschlüsse bezüglich der Struktur der Partei besonders wichtig. Er erhielt daher bereits im Vorfeld die Bezeichnung „Reform-Parteitag“. Nach der Begrüßung des Landtagsabgeordneten Wolfgang Decker richtete die Generalsekretärin der hessischen SPD Nancy Faeser ein paar Worte an die circa 140 erschienenen Genossinnen und Genossen. Sie unterstrich dabei besonders, dass der SPD eine entscheidende Rolle zukomme, im Land für Gerechtigkeit in der Bildungs- und Kommunalpolitik zu sorgen.

Danach sprach der amtierende Oberbürgermeister der Stadt Kassel Bertram Hilgen seine Grußworte aus. Er kritisierte insbesondere die Maßnahme der Landesregierung, die Leistungen für Kommunen zu kürzen, was erheblich dazu beigetragen habe, dass die Stadt Kassel unter den Rettungsschirm genommen werden musste. Nach den beiden Reden eröffnete das Präsidium den bedeutenden Tagesordnungspunkt mit den Satzungsänderungsanträgen, in dessen Zentrum eine offene Mitgliederversammlung  neben der bisherigen Delegiertenkonferenz für Parteitage ermöglicht werden sollte. Bevor die Aussprache im Plenum eröffnet wurde stellte der Vorsitzende des Unterbezirks, Jürgen Kaiser, die Position des Vorstands vor. Er stellte klar, dass das Ziel der Partei, die Öffnung nach innen und außen sein müsse. Vor allem der demografische Wandel stelle die Partei vor neue Probleme, dem die SPD gerecht werden müsse. Veraltete Strukturen, so Kaiser, würden das Problem bergen, dass die Partei zunehmend unattraktiv wird, weil sie nicht mehr den Anforderungen der Zeit und der gesellschaftlichen Entwicklung gerecht werde. Es bestünde die Gefahr die gesellschaftliche Präsenz zu verlieren. Kaiser appellierte daher mit den Worten „Lasst uns öffnen!“ an die Delegierten des Parteitages, den Kompromissvorschlag, die Mitgliedersammlung neben der Delegiertenversammlung zuzulassen, mitzutragen. Anschließend stellten Armin Ruda und Sascha Gröling, die maßgeblich an der Koordination und der Ausarbeitung des Kompromissvorschlages beteiligt waren, den bisherigen Verfahrensverlauf vor.

Das Präsidium eröffnete daraufhin die Aussprache und gab allen Mitgliedern des Parteitages die Möglichkeit der Stellungnahme zu den vorliegenden Anträgen. Dieser Möglichkeit kamen sehr viele Mitglieder nach. Nach und nach steigerte sich die Debatte und die unterschiedlichen Positionen der unterschiedlichen Ortsvereine und Arbeitsgruppen wurden deutlich. Während einige in der Mitgliederversammlung eine Schwächung der Arbeit auf der Ebene der Ortsvereine sahen, betonten andere, wie auch der Juso-Unterbezirksvorsitzende Julian Steiner, dass die Zulassung der Mitgliederversammlung die demokratischen Grundrechte erheblich stärke und überdies die Arbeit der Ortsvereine befruchten würde. Im Namen der Jusos rief er daher die Delegierten dazu auf, den Kompromiss zu unterstützen. Außerdem wurde vorgebracht, dass die Mitgliederversammlung die Rechte des einzelnen Mitglieds stärke und ihm deutlich mehr Partizipation zustehe. Dies führe zu einer Attraktivitätssteigerung der Partei nach außen, insbesondere für die jüngeren Menschen. Nach 28 Redebeiträgen, die sich intensiv mit der Sache auseinandergesetzt haben, sprach der Oberbürgermeister Betram Hilgen das letzte Wort und rief die Delegierten dazu auf, den Kompromissvorschlag zu unterstützen, denn es müsse verhindert werden, dass der Parteitag ergebnislos auseinandergeht. Da noch erhebliche Zweifel zu erkennen waren, regte Hilgen an, den Kompromissvorschlag dahingehend zu ändern, dass insbesondere auch bei Wahlen für öffentliche Ämter zwingend eine Delegiertenversammlung einzuberufen ist. Damit würden die Kriterien, wann eine Mitgliederversammlung und wann eine Delegiertenversammlung stattzufinden hat, weiter konkretisiert werden. Nachdem der zuständige Ortsverein Harleshausen seinen Antrag dahingehend korrigiert hat, wurde die Abstimmung eröffnet. Die Ortsvereine Wolfsanger und Fasanenhof zogen ihre Anträge zurück, so dass nur noch zwei Hauptanträge zu entscheiden waren. Mit einer großen Mehrheit wurden die Satzungsänderungsanträge nunmehr angenommen, so dass in Zukunft Mitgliederversammlungen einberufen werden können außer bei Änderungsanträgen bezüglich des Organisationsstatutes und bei Wahlen zu öffentlichen Ämtern, wo immer noch eine Delegiertenkonferenz einzuberufen ist (§ 6 Abs. 1 Satz 3 n.F. des Organisationstatuts).

Hierdurch wurden einige den Wortlaut betreffende und sich aus der Logik ableitbare Änderungen des weiteren Textes notwendig, die jedoch auch mit der benötigten qualifizierten Mehrheit beschlossen wurden. Im Anschluss, nachdem die Satzungsänderungsanträge bearbeitet wurden, wurden weitere Anträge diskutiert und darüber abgestimmt. Einige Anträge, wie z.B. betreffend dem Leitbild der Kasseler SPD, der Ablösung der Entschädigungsleistungen der deutschen Länder an die Kirchen durch Einmalzahlung oder dem Tanzverbot an einigen gesetzlichen Feiertagen (jeweils Staatskirchenrecht) wurden zur weiteren Beratung und Behandlung an den Unterbezirksausschuss verwiesen. Andere Anträge, wie z.B. bezüglich der Fortsetzung der „fokussierten Programmprozesse“ und der Durchführung offener Mitgliederforen wurden mehrheitlich angenommen. Schließlich wurden noch drei Initiativanträge beraten. In den Anträgen ging es um die Erhöhung der Erwerbsminderungsrenten auch für Bestandrentner, der Gewährung von BAföG als Vollzuschuss und die Gewährung einer elternunabhängigen Leistung sowie die Anpassung der Transferleistungen nach den SGB II und SGB XII. Bis auf die Gewährung von elternunabhängigen Leistungen wurden alle Anträge bewilligt. Insgesamt ist der Reformparteitag als sehr gelungen anzusehen, da es ein Schritt in die richtige Richtung war. Ein Schritt für die Rechte des einzelnen Mitglieds, für mehr Demokratie und einer der Zukunft zugewandten modernen Sozialdemokratischen Partei Deutschland.

Bericht von Hao-Hao Wu

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